Foto von einer Podiumsveranstaltung am 6. September in der Topografie des Terror in Berlin:Menschen mit Psychiatrieerfahrung und Angehörige sprechen mit der Politik über die NS-Krankenmorde (von rechts im Bild: Kathrin Vogler, Die Linke, Dr. Kirsten Kappert-Gonther, GRÜNE)
Menschen mit Psychiatrieerfahrung und Angehörige sprechen mit der Politik über die NS-Krankenmorde (von rechts im Bild: Kathrin Vogler, Die Linke, Dr. Kirsten Kappert-Gonther, GRÜNE)
Petition psychiatrie-erfahrener Menschen am Gedenktag für die NS-Krankenmorde

Opferentschädigung: Psychiatrie-Erfahrene ergreifen das Wort

Am 6. September haben sich psychiatrie-erfahrene Menschen in einer Petition an den Bundestag gewandt, um die Aufarbeitung der NS-Krankenmorde aus der Perspektive von heute voranzutreiben.

Opferentschädigung: Psychiatrie-Erfahrene ergreifen das Wort

Am Gedenktag „T4“ fand am 6. September in der „Topografie des Terrors“ in Berlin eine bedeutende Beratung statt. Eine Petition psychiatrie-erfahrener Menschen fordert, die Opfer der Krankenmorde und Zwangssterilisationen im Dritten Reich offiziell als verfolgte Opfer staatlichen Unrechts anzuerkennen. „T4“ verweist auf die Tiergartenstraße 4, von der aus die Krankenmorde geplant wurden, und wo heute ein Gedenkort für die Ermordeten steht.

Psychiatrie-Erfahrene von heute sprachen im Namen derjenigen, die ab 1939 aufgrund psychischer Erkrankungen oder auffälligen Verhaltens ermordet oder zum Verhungern verurteilt wurden. Diese Petition richtet sich an den Deutschen Bundestag und verstärkt einen von SPD, CDU, Grünen und FDP unterstützten Antrag aus dem Juni 2024, um die Anerkennung aus heutiger Sicht zu fordern.

Der Antrag soll endlich eine Selbstverständlichkeit umsetzen: Die erste Zielgruppe der nationalsozialistischen Vernichtungsmaschinerie – psychisch kranke und behinderte Menschen – korrekt anzuerkennen. Obwohl sie die ersten Opfer waren, werden sie erst langsam als „Verfolgte des NS-Regimes“ anerkannt, ein Titel, der zunächst rassistisch oder politisch Verfolgten vorbehalten war.

Viele mussten gegen Institutionen ankämpfen, in denen Täter weiterhin tätig waren. Lange blieben die Verantwortlichen für die Krankenmorde und Zwangssterilisationen durch ihren Status als Ärzte geschützt. „Unrecht, das von ‚Fachmenschen‘ verübt wird, muss aufgedeckt werden.“ Es geht um die Gleichstellung mit anderen Gruppen, die vom NS-Regime verfolgt wurden.

Ein wesentlicher Punkt des Antrags ist die Aufarbeitung vergangenen Unrechts, inklusive der Nennung der Opfer als solche. Diese späte Anerkennung durch einen politischen Beschluss ist längst überfällig, auch wenn es für direkt Betroffene zu spät kommt – Überlebende könnten heute Entschädigungen beanspruchen, was mittlerweile im Sozialgesetzbuch IV verankert ist.

Auf der Veranstaltung wurde nicht nur der Vergangenheit gedacht, sondern es wurde auch auf heutige Tendenzen hingewiesen, Menschen mit Beeinträchtigungen den gesellschaftlichen Nutzen abzusprechen. Diese Geschichtsvergessenheit öffnet Türen für neues Unrecht. Es ist essenziell, dass die verletzten und getöteten Menschen sichtbar gemacht werden. Zudem wird oft viel zu leicht von psychischen Erkrankungen gesprochen, um Gewalttaten zu erklären, was die Betroffenen stigmatisiert.

Die Petition kann unter folgendem Link gelesen und mitgezeichnet werden: Petitionen: Petition 171336 (bundestag.de)
Den interfraktionellen Antrag „Opfer von NS-„Euthanasie“ und Zwangssterilisation – Aufarbeitung intensiviere“ ist hier zu finden:  Deutscher Bundestag Drucksache 20/11945 Antrag der Fraktionen SPD, CDU/CSU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP Opfer von NS-„Euthanasie“ und Zwangssterilisation – Aufarbeitung intensivieren 

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