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Tagungsbericht "Wohnraum im Sozialraum"

Mobilisierung unsichtbaren Wohnraums im Sozialraum – Potenziale eines Intermediärs

Inmitten der Herausforderungen von Wohnungslosigkeit, sozialer Isolation und Klimawandel bietet die Idee eines sogenannten Intermediärs zur Mobilisierung unsichtbaren Wohnraums im Quartier einen innovativen Lösungsansatz.

Mobilisierung von Wohnraum im Sozialraum: Ein innovativer Ansatz

Am 22. November 2024 versammelten sich über 50 Expert*innen aus Kirche, Diakonie, Wissenschaft und staatlichen Institutionen im Evangelischen Werk für Diakonie und Entwicklung in Berlin, um innovative Strategien zur Nutzung ungenutzten Wohnraums zu diskutieren. Die Tagung "Wohnraum im Sozialraum" bot eine Plattform für den Austausch von Ideen und die Entwicklung neuer Konzepte.

Unsichtbarer Wohnraum

Die Mobilisierung unsichtbaren Wohnraums bezieht sich auf die Nutzung von bereits vorhandenem, aber ungenutztem Wohnraum, um der Wohnungsnot entgegenzuwirken, ohne auf Neubauten zurückgreifen zu müssen. Dazu gehören Konzepte wie "Wohnen für Hilfe", Untermiete oder Wohnungstausch. Gerade viele ältere Menschen leben nach dem Auszug ihrer Kinder allein oder zu zweit in großen Einfamilienhäusern mit leerstehenden Kinderzimmern. Diese könnten Untermieter aufnehmen oder Einliegerwohnungen abtrennen. Aktuelle Studien zeigen eine nicht unerhebliche Bereitschaft von Wohnungsgebenden, sich auf solche Mitwohnkonzepte einzulassen, wenn sie dabei begleitet werden.

Die Rolle der Intermediärsperson

Ein zentrales Thema der Tagung war die Einbindung einer Intermediärsperson in kirchliche Gemeindestrukturen, um die Mobilisierung von ungenutztem Wohnraum im Quartier zu mobilisieren. Diese vermittelnde Instanz soll als Anlaufstelle für Beratung und Vermittlung zu dieser Thematik fungieren. Dr. Daniel Burchardt, Leiter des Zentrums Recht und Wirtschaft der Diakonie Deutschland, betonte die Rolle der Kirche als lokalen Akteur, der Vertrauen aufbauen und innovative Wohnkonzepte fördern könne. Dr. Daniel Fuhrhop, Wohnwendeökonom, hob die vielversprechenden Potentiale des ungenutzten Wohnraums im Bestand hervor. Johanna Kliegel von der Wohnraumagentur Göttingen erläuterte, wie kommunale Wohnraumvermittlungsangebote bereits erfolgreich etabliert wurden. Solche Ansätze bieten nicht nur Lösungen für die Wohnungsnot, sondern können auch Einsamkeit reduzieren und die Problematik des Klimawandel durch effizientere Nutzung von Wohnraum adressieren.

Vernetzung und Zusammenarbeit

Die Tagung brachte Vertreter*innen aus dem Bauministerium, dem Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung, Interessenverbänden, Städten und kirchlichen Gemeinden, dem diakonischen Verbund sowie Wohnraumvermittlungsagenturen zusammen. Die Vielfalt an Teilnehmenden unterstreicht die Bedeutung der Vernetzung mit lokalen Akteuren. In den Workshops wurden konkrete Fragestellungen zur erfolgreichen Umsetzung und Ausgestaltung einer Intermediärsperson diskutiert. Die Teilnehmenden erarbeiteten notwendige Rahmenbedingungen und Finanzierungsmodelle, um die Idee in die Praxis umzusetzen. Besonders hervorgehoben wurde die Einbindung ehrenamtlicher Unterstützung, um die Akzeptanz gemeinschaftlicher Wohnformen zu fördern sowie die Einrichtung einer zentralen Kompetenzstruktur und Zusammenarbeit mit lokalen Akteuren, um die Überforderung der Intermediärsperson zu verhindern. 

Überwindung von Vorbehalten

Ein weiterer Schwerpunkt lag auf der Entwicklung von Strategien zur Überwindung von Vorbehalten gegenüber dem Mit(einander)wohnen. Die Teilnehmenden erarbeiteten Ansätze, um Vertrauen zu schaffen und die Bereitschaft auf Wohnungsgebendenseite zur Öffnung ungenutzten Wohnraums zu erhöhen. Positive Erzählungen und die Einbindung von Pfarrer*innen und Gemeindemitgliedern als vertrauensschaffende Akteure wurden neben einem passenden Leistungsportfolio als entscheidend angesehen. Dennis Beyer, ehemaliger Vorstand des Evangelischen Immobilien Verbandes e.V., Dr. Steffen Merle von der EKD und Dr. Daniel Burchardt von der Diakonie Deutschland betonten unisono die Wichtigkeit der Kirche als Akteur im Quartier und die Rolle der sozial sorgenden Gemeinde.

Ausblick und nächste Schritte

Die Tagung endete mit einem Ausblick auf die nächsten Schritte zur Umsetzung von ersten Pilotprojekten. Die Teilnehmenden waren sich einig, dass die Mobilisierung ungenutzten Wohnraums nicht nur zur Lösung der Wohnraumnot beitragen könne, sondern auch soziale Herausforderungen wie Einsamkeit wirksam adressiere. Die Veranstaltung zeigte, dass das Miteinanderwohnen und die Nutzbarmachung unsichtbaren Wohnraums vielversprechende Ansätze zur Bewältigung des Klimawandels, der Wohnungsnot und der sozialen Einsamkeit bieten.

Fazit

Die Tagung "Wohnraum im Sozialraum" verdeutlichte das Potenzial kirchlicher Gemeinden, als lokale Akteure innovative Wohnkonzepte zu fördern. Die Einbindung einer im Sozialraum verankerten Intermediärsperson könnte eine Schlüsselrolle spielen, um ungenutzten Wohnraum zu mobilisieren und den sozialen Zusammenhalt zu stärken. Die Diakonie Deutschland steht bereit, bei der Vernetzung mit anderen Projekten zu unterstützen und gesammelte Erkenntnisse zu teilen. Es wurden ebenfalls erste konkrete Angebote zur Kooperation gemacht.

Anbei finden Sie den Tagungsbericht der Wohnraum im Sozialraum-Tagung vom 22.11.2024. Hier erhalten Sie Informationen über die zentralen Ergebnisse der Tagung, die Vorträge der Referent:innen sowie weiterführende Informationen zu Positionspapieren, Ergebnissen von Wohnraumbefragungen oder Modellprojekte.

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