Diakonie-Zitat

Äußerungen von Carsten Linnemann zum Bürgergeld sind realitätsfern

Anlässlich der Forderung von CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann, arbeitsunwilligen Menschen das Bürgergeld komplett zu streichen, erklärt Diakonie-Präsident Rüdiger Schuch: "Die Aussagen von Herrn Linnemann entbehren jeder Realität. Dass mehr als 100.000 Menschen grundsätzlich nicht bereit seien, eine Arbeit anzunehmen, ist schlicht falsch. Die Zahlen der Bundesagentur für Arbeit zeigen, dass nicht einmal ein Prozent der arbeitsfähigen Bürgergeld-Empfänger:innen als `Totalverweigerer` eingestuft werden können. Im Vergleich zu den vielen Menschen, die gerne arbeiten würden, es aber aufgrund ihrer multiplen Problemlagen nicht können, ist dies eine äußerst geringe Zahl. Zudem arbeiten fast 800.000 Menschen und müssen trotzdem ihr Gehalt mit Bürgergeld aufstocken. Ihnen wäre mit besseren Löhnen geholfen. Die Forderung von Herrn Linnemann hingegen hilft weder den arbeitenden Menschen in Deutschland noch denen, die derzeit eine Arbeit suchen. Sie ist lediglich eine Diffamierung von Menschen, die auf existenzsichernde Leistungen angewiesen sind. Ich würde mir wünschen, dass Herr Linnemann Konzepte für den Ausbau der Kinderbetreuung und der Pflege entwickelt. Denn gerade Alleinerziehende und pflegende Angehörige, die Bürgergeld beziehen, müssen besser unterstützt werden.“ 
 
Hintergrund 
 
Das Bürgergeld wurde zum 1. Januar 2023 eingeführt. Es ist eine Sozialleistung, die das menschenwürdige Existenzminimum derjenigen sichern soll, die erwerbsfähig sind und ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen decken können. Zum Stichtag 1. August 2023 erhielten rund 5,5 Millionen Menschen Bürgergeld, wobei rund 1,5 Millionen von ihnen nicht erwerbsfähige Kinder unter 15 Jahren waren. Von den verbleibenden rund 4 Millionen erwerbsfähigen Leistungsberechtigten waren weniger als die Hälfte überhaupt arbeitslos. Denn mehr als die Hälfte sind in ungeförderter Erwerbstätigkeit, in einer arbeitsmarktpolitischen Maßnahme, gehen zur Schule, studieren, pflegen Angehörige, erziehen Kinder oder stehen aus anderen, triftigen Gründen dem Arbeitsmarkt nicht oder nur sehr eingeschränkt zur Verfügung. 
 
Menschen, die sich allen angebotenen Angeboten zur Aufnahme einer Arbeit verweigern, gibt es nur wenige. Insgesamt gab es in den ersten elf Monaten des Jahres 2023 nur 13.838 Fälle, in denen die „Aufnahme oder Fortführung einer Arbeit, Ausbildung, Maßnahme oder eines geförderten Arbeitsverhältnisses" verweigert wurde. Das entspricht lediglich 0,86 Prozent der 1,6 Millionen arbeitsfähigen Bürgergeldbeziehenden. Erst Anfang Juli 2024 hat sich die Bundesregierung im Zuge der Haushaltsverhandlungen auf Verschärfungen beim Bürgergeld geeinigt. 

Weitere Informationen

Verena Götze
©Hermann Bredehorst

Verena Götze

stellvertretende Pressesprecherin

verena.goetze@diakonie.de 030 652111780

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