Eine Frau spricht mit einem Kind
© Kathrin Harms

Wissen kompakt: Einbürgerung

Wer die deutsche Staatsangehörigkeit annehmen möchte, muss verschiedene Voraussetzungen erfüllen. Welche das sind und was sonst noch wichtig ist rund um das Thema Einbürgerung, ist hier zusammengefasst.

15.11.2023

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Was bedeutet Einbürgerung?

Einbürgerung bedeutet, die Staatsangehörigkeit eines Landes zu erwerben, die mit einem Pass dokumentiert wird. Mit der Staatsangehörigkeit sind Rechte und Pflichten verbunden. Wer sich als Ausländer in Deutschland einbürgern lassen will, stellt bei der örtlich zuständigen Behörde einen Antrag. Wer bestimmte Voraussetzungen erfüllt, hat einen Anspruch auf Einbürgerung. Doch auch wer die Voraussetzungen der Anspruchseinbürgerung nicht erfüllt, kann mit einem Antrag erfolgreich sein: Die Behörden dürfen unter bestimmten gesetzlich festgelegten Bedingungen im Ermessen einbürgern.

Gesetzliche Grundlage

Grundlage der Einbürgerung ist das Staatsangehörigkeitsgesetz, das vom Bundestag erlassen wurde. Zuständig für seine Umsetzung sind die Bundesländer. Je nach Bundesland wird die Praxis unterschiedlich gehandhabt.

Warum ist Einbürgerung wichtig?

Ohne Einbürgerung gibt es keine vollen Rechte. Die Einbürgerungszahlen zu erhöhen und Staatsvolk und Bevölkerung nicht dauerhaft auseinanderfallen zu lassen, ist ein schon 1990 vom Bundesverfassungsgericht vorgegebenes und mittlerweile allgemein anerkanntes integrationspolitisches und staatspolitisches Ziel.

Nur wer einen deutschen Pass hat, verfügt über eine sichere Aufenthaltsperspektive in Deutschland und kann alle Grundrechte und sonstigen staatsbürgerlichen Rechte in Anspruch nehmen. Dazu gehören zum Beispiel das aktive und passive Wahlrecht und die damit verbundene Möglichkeit, die Politik mitzugestalten. Das Recht auf Freizügigkeit berechtigt zur freien Ein- und Ausreise innerhalb der EU. Auch in vielen außereuropäischen Staaten wird es unter Umständen leichter, ein Visum zu erhalten und dorthin zu reisen. Gerade in von Kriegen und Katastrophen erschütterten Zeiten kann das von hoher praktischer Bedeutung sein. Zudem wird der Zugang zu Ausbildung und Arbeitsmarkt erleichtert: Deutsche Staatsangehörige können in der EU und der Schweiz uneingeschränkt studieren und arbeiten. Nachteile für ausländische Arbeitsuchende aus Drittstaaten – wie beispielsweise die Vorrangprüfung – entfallen. 

Wer kann sich einbürgern lassen?

Am 27. Juni 2024 trat die Reform zur Staatsangehörigkeit in Kraft. Nun gelten für den Anspruch auf Einbürgerung im Wesentlichen folgende Voraussetzungen:

Kinder unter 16 Jahren können allgemein nach einem Aufenthalt von drei Jahren mit ihren Eltern eingebürgert werden. Bei Neugeborenen: Kinder ausländischer Eltern bekommen durch das Standesamt automatisch die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn mindestens ein Elternteil seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig in Deutschland lebt und mindestens ein Elternteil ein unbefristetes Aufenthaltsrecht besitzt.

Zudem gibt es die so genannte Ermessenseinbürgerung. Danach kann eingebürgert werden, wenn daran ein öffentliches Interesse besteht, selbst wenn nicht alle Voraussetzungen der Anspruchseinbürgerung vollständig erfüllt sind. Die Praxis der Behörden bei der Ermessenseinbürgerung ist von Land zu Land, manchmal sogar von Ort zu Ort, unterschiedlich. Eine persönliche Beratung durch die Behörde, ggf. unterstützt durch eine Beratungsstelle der Diakonie oder einer anderen Wohlfahrtsorganisation, wird empfohlen.

Wie funktioniert eine Einbürgerung?

Wer sich einbürgern lassen möchte, muss einen Antrag in der örtlich zuständigen Einbürgerungsbehörde stellen. Das Mindestalter dafür ist 16 Jahre, für Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren stellen die Eltern den Antrag. Anträge können immer mehr auch online gestellt werden.

Wegen unzureichender personeller Ausstattung der Behörden gibt es in vielen Bundesländern sehr lange Wartezeiten bei der Terminvergabe. Das Verfahren kann sich über mehrere Jahre hinziehen. Die Dauer ist von den Verfahrensregelungen und Kapazitäten der jeweiligen Behörden sowie vom Einzelfall abhängig.

Was kostet die Einbürgerung?

Die Einbürgerung kostet 255 Euro für jeden Erwachsenen und 51 Euro für Kinder, die mit ihren Eltern zusammen eingebürgert werden. Für Kinder und Jugendliche, die ohne ihre Eltern eingebürgert werden, fallen ebenfalls Gebühren in Höhe von 255 Euro an. Geringverdienende sollten sich in der Beratung über Möglichkeiten informieren, die Gebühr zu reduzieren. Hinzu kommen gegebenenfalls Gebühren für Bescheinigungen beim Herkunftsstaat.

Historie

1913: Das Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz tritt in Kraft. Dieses ist der erste Vorläufer für das heutige Staatsangehörigkeitsgesetz.

1990: Das Bundesverfassungsgericht gibt in seinem Urteil über das kommunale Wahlrecht vor, dass das Staatsvolk möglichst weitgehend der tatsächlichen Bevölkerung entsprechen soll, um eine Teilhabe durch Wahlen langfristig zu ermöglichen. Als eine Möglichkeit, das zu erreichen, benennt es die Einbürgerung: Die Erhöhung der Einbürgerungszahlen gilt als integrations- und staatspolitisches Ziel.

2000: Das Staatsangehörigkeitsgesetz wird nach heftigem politischen Streit reformiert.

1. Januar 2005 und 28. August 2007: Weitere Änderungen im Staatsangehörigkeitsgesetz treten in Kraft. Damit werden unter anderem strengere Anforderungen für die Einbürgerung eingeführt. Seither müssen ausreichend gute Deutschkenntnisse nachgewiesen werden. Voraussetzung ist zudem ein bestandener Einbürgerungstest.            

20. Dezember 2014: Die Optionspflicht wird stark abgeschwächt und gilt nicht mehr für junge Menschen, die in Deutschland aufgewachsen sind.

27. Juni 2024: Eine weitere Reform tritt in Kraft. Nun wird der Doppelpass, wie von der Freien Wohlfahrtspflege lange gefordert, akzeptiert. Die Mindestaufenthaltsdauer wird erneut verkürzt. Die Optionspflicht wird gänzlich abgeschafft. Allerdings gibt es auch Verschärfungen. So entfallen weitgehend die Ausnahmen von der Regel, wonach der eigenständige Lebensunterhalt gesichert sein muss. Wer etwa aus gesundheitlichen Gründen seinen Arbeitsplatz verliert oder wegen Kinderbetreuung oder der Pflege von Angehörigen nicht vollerwerbstätig sein kann, hat künftig keinen Einbürgerungsanspruch mehr, sondern muss den Weg über die Härtefallregelung der Ermessenseinbürgerung nehmen. Die Pflicht, sich zur besonderen historischen Verantwortung Deutschlands für die nationalsozialistische Unrechtsherrschaft und ihre Folgen zu bekennen, wurde vor dem Hintergrund des israelisch-palästinensischen Konflikts neu gefasst, wovon sich Einbürgerungswillige aus muslimischen Communities abgeschreckt fühlen könnten.

Hintergrund und Zahlen

Mehr als 5 Millionen Menschen leben in Deutschland schon über 8 Jahre lang, besitzen aber keinen deutschen Pass. 2023 sind in Deutschland rund 200.100 Menschen eingebürgert worden. Das sind so viele wie noch nie seit 2000. Die häufigsten vertretenen Staatsangehörigkeiten waren Syrien, Türkei, Irak, Rumänien und Afghanistan.


Die Einbürgerungszahlen in Deutschland sind im europäischen Vergleich sehr niedrig. Deutschland bürgert nach Angaben des Statistischen Bundesamtes jährlich nur 20 von 1.000 Ausländern ein und belegt damit im europäischen Vergleich einen Platz auf den hinteren Rängen. In den EU-Ländern sind es dagegen durchschnittlich 22 von 1.000, in Schweden sogar 80. Das Statistische Bundesamt schätzt, dass jährlich nur 2,2 Prozent der Berechtigten tatsächlich von ihrem Anspruch auf Einbürgerung Gebrauch machen.

Die Länder haben bislang nur teilweise Vorschriften erlassen, um die Einbürgerung zu steuern und die Einbürgerungszahlen zu erhöhen. Eine Untersuchung des Mediendienstes Integration aus dem Jahr 2012 zeigt, wie unterschiedlich die Umsetzungsspielräume in den Bundesländern tatsächlich genutzt werden. Die jährlichen Einbürgerungsquoten divergieren nach Bundesländern (zwischen 4,7 Prozent in Mecklenburg-Vorpommern und 1,65 Prozent in Baden-Württemberg) sowie innerhalb der Bundesländer (zum Beispiel in Rheinland-Pfalz: Koblenz 4,85 Prozent und Pirmasens 0,72 Prozent) stark.

Bewertung der Diakonie Deutschland

Die Staatsangehörigkeitsreform von 2024 ist in vielen Punkten zu begrüßen. Die Einbürgerungszahlen zu erhöhen und Staatsvolk und Bevölkerung nicht dauerhaft auseinanderfallen zu lassen, ist ein wichtiges integrationspolitisches und staatspolitisches Ziel, um allen Menschen eine Bleibegarantie, volle gesellschaftliche Teilhabe und volle Reisefreiheit geben zu können. Doch die Umsetzung hinkt diesem Anspruch in mancher Hinsicht hinterher.


Die Diakonie spricht sich dafür aus, die Zahl der Einbürgerungen sowie das Tempo bei der Antragsbearbeitung zu erhöhen. Dies erfordert eine bessere Personalausstattung der Behörden und schlankere, weniger bürokratische Verfahren in den Ländern und Kommunen. Leider ist zu vermuten, dass einige Punkte der Staatsangehörigkeitsreform von 2024 zu höheren Prüfaufwand für die ohnehin überlasteten Behörden führen. Notwendig sind eine Willkommens- und Anerkennungskultur in den Behörden wie in der Gesellschaft. Zudem befürwortet die Diakonie Erleichterungen bei der Bedingung der eigenständigen Lebensunterhaltssicherung zum Beispiel für Alleinerziehende und Menschen mit Behinderung.

Beratung

Die Angebote zur Beratung und Hilfe bei der Einbürgerung stehen nicht immer ausreichend häufig zur Verfügung. Manche Stadt- und Kreisverwaltungen bzw. Einbürgerungsbehörden haben ihre Angebote zur persönlichen Beratung in Präsenz zugunsten von automatisierten Online-Angeboten reduziert oder abgebaut. Wo das nicht der Fall ist, hilft es, vor der Abgabe des Antrags ein Beratungsgespräch in der Einbürgerungsbehörde zu führen. Dabei können Sie viele Fragen direkt klären.

Außerdem können Sie sich unterstützend auch an die Migrationsberatungsstellen der Freien Wohlfahrtspflege wenden – siehe unten. Diese beraten unabhängig von staatlichen Weisungen im Interesse ihrer Ratsuchenden. Die Beratungen sind kostenlos. Die Diakonie Deutschland als Bundesverband kann leider nicht selber beraten. 

Weitere Informationen zur Einbürgerung

Kontakt

© Hermann Bredehorst

Johannes Brandstäter

Migrationspolitische Grundsatzfragen (Migration)

johannes.brandstaeter@diakonie.de 030 652111641

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