Friedrich v. Bodelschwingh d.Ä.

Geboren 6. März 1831 Haus Marck b. Tecklenburg, gestorben 2. April 1910 Bethel b. Bielefeld

Pfarrer, Vorsteher der Epileptischenanstalt Bethel, der Westfälischen Diakonissenanstalt Sarepta und der Westfälischen Diakonenanstalt Nazareth

Von Bodelschwingh stammte aus einem alten westfälischen Adelsgeschlecht. Der Vater, Ernst von Bodelschwingh war bei der Geburt seines jüngsten Sohnes Landrat des Kreises Tecklenburg, später wurde er als Minister nach Berlin berufen. Nach dem Abitur erlernte Friedrich von Bodelschwingh den Beruf des Landwirts. In Gramenz/Hinterpommern, wo er nach abgeschlossener Ausbildung ein Gut verwaltete, nahm er sich der verelendeten Pächter und Landarbeiter an. Hier fiel die Entscheidung für das Theologiestudium, das er in Basel, Erlangen und Berlin absolvierte.

Seinen ursprünglichen Plan, als Missionar nach Indien zu gehen, gab von Bodelschwingh auf. Stattdessen trat er 1858 das Amt eines Predigers der Evangelischen Gemeinde Augsburger Konfession in Paris an. Hier kümmerte er sich um die deutschen „Gastarbeiter“, die zu den Ärmsten der Armen in den Slums der französischen Hauptstadt gehörten. 1864 wurde er Gemeindepfarrer in Dellwig bei Unna, 1872 folgte er einem Ruf aus Bielefeld und übernahm die Leitung der 1867 gegründeten „Evangelischen Heil- und Pflegeanstalt für Epileptische Rheinlands und Westfalens“ und des 1869 ins Leben gerufenen Bielefelder Diakonissenhauses. Seine Berufung bedeutete einen Wendepunkt in der Entwicklung beider Einrichtungen. Das neue, 1873 fertig gestellte Pflegehaus für „Epileptiker“ – auf von Bodelschwinghs Anregung hin erhielt es den Namen „Bethel“, der später auf die ganze Ortschaft überging – sollte ursprünglich nicht mehr als 150 Kranke aufnehmen.

Bei von Bodelschwinghs Tod im Jahre 1910 war daraus eine Kleinstadt von über 4.000 Einwohnern mit dem Status einer selbstständigen Kirchen- und Ortsgemeinde entstanden. In mehreren Dutzend Pflege- und Krankenanstalten für epilepsiekranke, geistig behinderte und psychisch kranke Menschen wurden über 2.000 „Pfleglinge“ betreut. Etwa 1.250 Diakonissen und 450 Diakone der Diakonissenanstalt Sarepta und der Diakonenanstalt Nazareth taten in Bethel – und weit darüber hinaus – Dienst. Die Anstaltsortschaft verfügte über Ausbildungsstätten für angehende Pastoren und war Sitz der Evangelischen Missionsgesellschaft für Deutsch-Ostafrika. Hinzu kamen Zweiganstalten in der Senne (Eckardtsheim) und im Diepholzer Moor (Freistatt), außerdem die Kolonien Hoffnungstal, Lobetal und Gnadental bei Bernau vor den Toren Berlins.

Mit der Wandererfürsorge – 1882 hatte von Bodelschwingh in der Senne die Arbeiterkolonie Wilhelmsdorf gegründet, die erste Einrichtung dieser Art in Deutschland – und dem Arbeiterwohnungsbau waren neue Arbeitsfelder eröffnet worden. 1903 ließ sich von Bodelschwingh auf der Wahlliste der Christlich-Konservativen als parteiloser Abgeordneter in den preußischen Landtag wählen, um eine gesetzliche Regelung der Wandererfürsorge herbeizuführen.

Autor: Hans-Walter Schmuhl

Literatur

Martin Gerhardt/Alfred Adam: Friedrich v. Bodelschwingh. Ein Lebensbild aus der deutschen Kirchengeschichte, 2 Bde., ND Bethel 1980.

Hans-Walter Schmuhl, Friedrich v. Bodelschwingh, Reinbek 2005.

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