19.10.2022

Kurzbewertung zum Entwurf des Bürgergeld-Gesetzes

Der Gesetzentwurf des Bürgergeldes bringt an vielen Punkten anerkennenswerte spürbare Erleichterungen für Leistungsberechtigte. Einen konsequenten Bruch mit der Hartz-IV-Systematik bedeutet er allerdings nicht.

Positiv zu bewerten ist, dass bürokratische Hürden für Antragsstellung und Leistungsgewährung gesenkt, Sanktionen abgemildert und für die ersten zwei Jahre eine Schonfrist bei Wohnung und Vermögen eingeführt wird. Verbesserungen gibt es auch bei der Förderung der beruflichen Weiterbildung und insgesamt einem stärkeren Fokus auf nachhaltige Integrationsperspektiven.

Es ist zwar ein großer Fortschritt, wenn angekündigt wird, dass zukünftig die voraussichtliche Preisentwicklung im Laufe des Jahres Maßstab für die jährliche Anpassung der Regelsätze sein soll. Allerdings würde bei der Umstellung eine Lücke entstehen, wenn die rückwirkende Anpassung auf Grund der Preisentwicklung 2022 nicht nachvollzogen wird. Tatsächlich wird der Gesetzentwurf aber auch dem formulierten Anspruch einer auf die zukünftige Entwicklung gerichteten Anpassung nicht gerecht. Es werden lediglich die rückwirkenden Berechnungsgrundlagen bei den Vergleichszeiträumen im Vorjahr verändert und dabei ein zweiter, späterer Vergleichszeitraum für die Preisentwicklung doppelt gewichtet.

In jedem Fall bleibt weiterhin eine Lücke, da nicht sowohl die Anpassung in Bezug auf das Vorjahr als auch eine Aktualisierung im laufenden Jahr entsprechend der Inflationsentwicklung gewährleistet sind. Darüber hinaus bedarf es einer sachgemäßen Berechnung der Regelsätze, die auch bei Einführung des Bürgergeldes nicht sichergestellt wird. Es bleibt grundsätzlich bei den alten, sachlich falsch ermittelten Regelsätzen.

Insgesamt erfordern die vorgesehenen Änderungen zur Vertrauens- und Kooperationszeit sowie
zum Kooperationsplan deutlich mehr Zeit und ein konsequentes Umdenken der Fachkräfte in den Jobcentern für den qualitätsvollen Beratungsprozess. Eine veränderte Haltung lässt sich allerdings nicht per Gesetz verordnen. Eine kontinuierliche Qualifizierung und Unterstützung der Integrationsfachkräfte ist erforderlich. Überlegungen zu solch wichtigen begleitenden Maßnahmen und Rahmenbedingungen für gute, wirksame Beratungsprozesse vermisst die Diakonie gänzlich.

Im Entwurf des Bundeshaushaltes 2023 sind Kürzungen des Eingliederungstitels von 600 Millionen Euro vorgesehen sowie Verwaltungskostenansätze, die 807 Millionen Euro weniger betragen als 2021 tatsächlich ausgegeben wurde. Dies stellt aus Sicht der Diakonie keine angemessene Rahmenbedingung dar, um die Ziele der Bürgergeldreform erreichen zu können. Zu beachten ist, dass das Gesetz zwar am 1.1.2023 in Kraft treten soll, aber eine Vielzahl an Regelungen erst zum 1.7.2023 in Kraft tritt (siehe Artikel 13).

Die ausfürhrliche Bewertung können Sie im PDF anbei lesen.

Kontakt

Elena Weber
©Hermann Bredehorst

Elena Weber

Arbeitsmarktpolitik und Beschäftigung

elena.weber@diakonie.de 030 652111647

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