Konferenz Diakonie und Entwicklung diskutiert Fachkräftemangel in der Pflege
Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) fehlen bis zum Jahr 2030 bis zu zehn Millionen Fachkräfte in der Gesundheitsversorgung, allem voran in Afrika und großen Teilen Asiens.
12.10.2023
In Deutschland werden laut Deutschem Pflegerat bis 2030 etwa 500.000 Pflegevollzeitstellen vakant.
Der Fachkräftemangel in der Pflege wird durch die demografische Entwicklung und eine immer älter werdende Gesellschaft weiter verschärft und stellt die Träger von Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen vor enorme Herausforderungen. Dazu gehört auch, dass die sogenannten Babyboomer in Rente gehen und aus dem Pflegeberuf ausscheiden. Die Bundesregierung wirbt schon seit Jahren mit verschiedenen staatlich geförderten Programmen in Brasilien, Mexiko und auf den Philippinen um Pflegekräfte. Auch private Agenturen haben das Geschäft der Vermittlung von Pflegefachkräften aus dem Ausland entdeckt – meist ohne Begleitung und Kontrolle durch staatliche Instanzen und oft nicht auf Basis des Globalen Verhaltenskodex zur Rekrutierung von Gesundheitspersonal der WHO. Der Fachkräftemangel in der Pflege war Thema der Konferenz Diakonie und Entwicklung, die am 11. und 12. Oktober in Rostock tagte.
Der Fachkräftemangel in der Pflege ist die größte Herausforderung für diakonische Einrichtungen und Dienste. Aufgrund von Personalmangel werden bereits Stationen in Krankenhäusern und Wohnbereiche in Pflegeeinrichtungen geschlossen. Ambulante Pflegedienste können keine neuen Klient:innen annehmen. Es kommt zu Wartezeiten und Unterversorgung.
Maria Loheide, Vorständin Sozialpolitik Diakonie Deutschland: "Der Fachkräftemangel in der Altenpflege, aber auch in der Eingliederungshilfe und in Kindertagesstätten ist enorm. Es geht um die Frage, wie Einrichtungen und Dienste weiter betrieben werden können oder ob Plätze und Angebote reduziert oder weiter abgebaut werden müssen. Bei der Anwerbung von ausländischen Fachkräften gibt es neben den ethischen Aspekten, die zu berücksichtigen sind, immer noch zu hohe bürokratische Hürden. Allerdings liegt die Lösung des Personalmangels in der Pflege nicht ausschließlich oder vorrangig in der Anwerbung aus Drittstaaten. Pflege- und Sozialberufe sind attraktive Berufe und bieten sichere Arbeitsplätze, die durch bessere Arbeitsbedingungen und Innovationen noch attraktiver werden."
Die Diakonie Deutschland hält Maßnahmen zur Unterstützung der Integration von Pflegekräften im Rahmen der EU-Mobilität innerhalb der EU sowie aus Drittstaaten für notwendig: "Wir müssen in der Wohlfahrtspflege unsere Personalgewinnungsstrategien noch besser auf die Einwanderungsgesellschaft ausrichten. Das bedeutet auch, Zeit und Geld in diese Mitarbeitenden zu investieren und eine Willkommenskultur zu schaffen", so Maria Loheide. Vor allem müsse die Attraktivität der Pflegeberufe in den Communities der Eingewanderten positiv dargestellt werden. Die Möglichkeit in den Pflegeberuf einzusteigen, muss für Geflüchtete, die bereits in Deutschland leben, geschaffen und verbessert werden. Denn die Gewinnung von Auszubildenden ist ein entscheidender Faktor.
Dagmar Pruin, EWDE-Vorstandsvorsitzende und Präsidentin Brot für die Welt und Diakonie Katastrophenhilfe:
"Wir brauchen eine Übereinkunft für das ethische Anwerben von Pflegekräften aus dem Ausland und Lösungen zur Entschärfung des globalen Wettbewerbs um Pflegefachkräfte. Dabei darf Gesundheitspersonal aus dem Globalen Süden nur in Ausnahmefällen und nur unter Berücksichtigung des WHO Verhaltenskodex angeworben werden. Zuwanderung befreit die Bundespolitik und die Arbeitgeber nicht von der Verantwortung, die Arbeitsbedingungen im Gesundheitswesen hierzulande grundsätzlich zu verbessern, damit mehr Fachkräfte wieder in den Beruf zurückkehren. Für die Rekrutierung aus dem Ausland bedarf es statt eines freiwilligen Gütesiegels rechtlicher Vorgaben. Zudem brauchen wir eine umfassende Datenerhebung und begleitende Forschung der Anwerbeverfahren. Hierbei sollte auch lokale und zivilgesellschaftliche Expertise einbezogen werden. Letztere sollte auch bei bi- und multilateralen Abkommen hinzugezogen werden."
Auf der Tagesordnung standen zudem Vorstands- und Ausschussberichte, die Genehmigung des Jahresabschlusses des EWDE zum 31. Dezember 2022 und des Wirtschaftsplans für das Jahr 2024. Außerdem diskutierten die 112 Delegierten die Rahmenbestimmung zur Mitwirkung der Mitarbeitenden in Aufsichtsorganen diakonischer Einrichtungen und die Änderung der Geschäftsordnung der KDE.
Hintergrundinformationen:
Die Konferenz Diakonie und Entwicklung tagte am 11. und 12. Oktober in Rostock. Sie beschließt über allgemeine Grundsätze der diakonischen Arbeit sowie der Entwicklungsarbeit und der humanitären Hilfe. Eröffnet wurde die Konferenz von der Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt mit einem feierlichen Gottesdienst in der Universitätskirche in Rostock.