Diakonie-Präsident Schuch: „Wir brauchen eine kohärente Klimapolitik für den Sozialsektor“
Gemeinsame PRESSEMITTEILUNG von Diakonie Deutschland, Verband diakonischer Dienstgeber in Deutschland und Bank für Kirche und Diakonie
- Strategietagung Nachhaltigkeit in Berlin berät über klimafreundliche Sozialimmobilien
- Nachhaltige Transformation des Sozialsektors gefordert
- Bund, Länder und EU in der Pflicht
Die Diakonie Deutschland, der Verband diakonischer Dienstgeber in Deutschland (VdDD) und die Bank für Kirche und Diakonie (KD-Bank) appellieren an Bund und Länder sowie die EU-Kommission, eine wirksame Klimapolitik speziell für den sozialen Sektor zu entwickeln. So könne die Sozialwirtschaft einen entscheidenden Beitrag zur Klimaneutralität leisten. Wie die nachhaltige Transformation in der Branche vorangetrieben werden kann, steht im Mittelpunkt einer Strategietagung Nachhaltigkeit am 18. und 19. April in Berlin.
Diakonie-Präsident Rüdiger Schuch: „Wir brauchen eine kohärente Klimapolitik für den Sozialsektor. Damit Kitas, Pflegeheime und Krankenhäuser klimaneutral arbeiten können, müssen die Rahmenbedingungen ineinandergreifen: die Klimaziele des Bundes, die Investitionsförderung durch die Bundesländer und die Refinanzierung der Betriebskosten durch die Sozialkassen.“ Nur durch ein abgestimmtes Vorgehen könne es gelingen, den großen Investitionsstau im Klimaschutz bei Sozialimmobilien aufzulösen.
Das für die Refinanzierung sozialer Arbeit maßgebliche Sozialrecht ist auf Zweckmäßigkeit, Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit ausgerichtet. Das Kriterium der Nachhaltigkeit fehlt darin. Das führt zum Beispiel dazu, dass Träger von Pflegeheimen, die nicht energetisch saniert wurden, hohe Energiekosten von den Sozialkassen erstattet bekommen, während ihnen gleichzeitig die Budgets für Sanierungen im Sinne des Klimaschutzes und der Energiekostensenkung fehlen. Auch die Investitionsförderung seitens der Bundesländer reicht hierfür in der Regel nicht aus.
Erste Schritte in die richtige Richtung
Hubertus Jaeger, stellvertretender VdDD-Vorsitzender, bekräftigte die Forderung nach geeigneten Rahmenbedingungen. „Die diakonischen Unternehmen stehen längst bereit. Jetzt brauchen wir den politischen Willen, das Klimaschutzpotenzial des Sozialsektors freizusetzen“, so Jaeger. Als ersten Schritt in die richtige Richtung begrüßt Jaeger den 2023 vom Bundeswirtschafts- und Klimaschutzministerium gestarteten „Austausch soziale Dienste und Klimaschutz“. Positiv bewertet Jaeger auch die Koalitionsverträge in Hessen und Nordrhein-Westfalen, weil sie eine Förderung von Nachhaltigkeitsinvestitionen in sozialen Einrichtungen vorsehen. „In der Politik finden die Impulse, die von der freien Wohlfahrtspflege und auch von dieser Tagung ausgehen, langsam Gehör“, so Jaeger. „Daraus muss eine neue Dynamik entstehen. Die Nachhaltigkeit sozialer Dienste muss zum Selbstläufer werden.“
Auch Brüssel ist gefordert
Außer Handlungsbedarf auf Bundes- und Landesebene sowie im Sozialrecht sehen die Veranstalter die EU in der Pflicht, Investitionen von Sozialunternehmen in Nachhaltigkeit zu fördern. „Neben der ökologischen muss dabei die soziale Dimension von Nachhaltigkeit ebenfalls in Betracht gezogen werden. Wir brauchen ein europaweit gültiges Regelwerk, das der gesellschaftlichen Bedeutung der Sozialwirtschaft besser gerecht wird und entsprechende Investitionsanreize schafft“, so Dr. Ekkehard Thiesler, Vorstandsvorsitzender der KD-Bank. Die Kirchenbank hat sich gemeinsam mit dem Arbeitskreis Kirchlicher Investoren (AKI) erneut mit einem offenen Brief an EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mit der dringenden Forderung nach einem sozialen Investitionsrahmen gewandt. Andernfalls drohten der Sozial- und Gesundheitsbranche erhebliche Nachteile: von signifikant höheren Kreditzinsen bis hin zu stark eingeschränkten Finanzierungsmöglichkeiten.
Hintergrund
Deutschland hat sich im Klimaschutzgesetz verpflichtet, bis 2045 klimaneutral zu werden. Die Diakonie Deutschland hat sich das Ziel gesetzt, bis 2035 klimaneutral zu wirtschaften. Seitens der EU ist dies bis 2050 vorgeschrieben. Diakonische Unternehmen stehen damit vor der Herausforderung, ihren Bestand an Sozialimmobilien in den kommenden Jahren und Jahrzehnten nachhaltig zu transformieren und zu managen. Wie dies gelingen kann, steht im Fokus der Strategietagung Nachhaltigkeit, die am 18. und 19. April 2024 bereits zum 4. Mal in Berlin stattfindet. Die Tagung mit mehr als 160 Teilnehmenden wird gemeinsam von der Diakonie Deutschland, der KD-Bank und dem Verband diakonischer Dienstgeber in Deutschland (VdDD) veranstaltet.
Gastrednerinnen und -redner sind unter anderem Annett Jura, Wohnungswesen und Immobilienwirtschaft im Bundesbauministerium (BMWS) die beiden Architekten Prof. Florian Nagler von der Technischen Universität München und Prof. Amandus Samsøe Sattler von der Deutschen Gesellschaft für nachhaltiges Bauen (DGNB) sowie Georg Heinze von der Aachener Grundvermögen. Themen waren unter anderem das „Einfache Bauen“, Energiekonzepte der Zukunft sowie das nachhaltige Management großer Immobilienportfolios.