Wissen kompakt: Arbeitslosigkeit
Was sind die Ursachen von Arbeitslosigkeit? Welche Folgen hat sie und wie hilft der Staat? Das und was sonst noch rund um das Thema Arbeitslosigkeit wichtig ist, finden Sie hier zusammengefasst.
02.04.2024
Inhalte auf dieser Seite
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Wann gilt jemand als arbeitslos oder langzeitarbeitslos?
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Was sind die Ursachen von Arbeitslosigkeit?
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Welche individuellen Folgen kann Arbeitslosigkeit haben?
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Welche Hilfen zur Sicherung des Lebensunterhalt gibt es?
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Hilfen zur Integration in Arbeit
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Bewertung der Diakonie Deutschland
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Weitere Informationen
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Kontakt
Wann gilt jemand als arbeitslos oder langzeitarbeitslos?
Im Alltagsgebrauch spricht man dann von Arbeitslosigkeit, wenn jemand Erwerbsarbeit sucht, aber keine findet. Die offizielle deutsche sozialrechtliche Definition von Arbeitslosigkeit steht im Sozialgesetzbuch (SGB) III § 16 Abs. 1. Danach gelten Menschen als arbeitslos, die nicht in einem Beschäftigungsverhältnis stehen, aktiv eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung suchen und sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet haben. Als langzeitarbeitslos gelten Menschen, die ein Jahr und länger arbeitslos gemeldet sind.
Zu beachten ist, dass bei der statistischen Erfassung von Arbeitslosigkeit und Langzeitarbeitslosigkeit diverse Kriterien beeinflussen, ob eine Person, die zwar unfreiwillig (lange) arbeitslos ist und nach Arbeit sucht, auch statistisch als (langzeit-)arbeitslos geführt wird. Ist beispielsweise jemand Langzeitarbeitslos und wird für länger als sechs Wochen krankgeschrieben, wird die Person nicht mehr als Langzeitarbeitslos geführt. Man spricht hier von einer schädlichen Unterbrechung. Nach Ende der Krankheit wird die Person in der Statistik wieder als kurzzeitig arbeitslos geführt. Dass in der Zwischenzeit gar keine Arbeit gefunden wurde, ist irrelevant. Insofern bilden die statistischen Daten zur Arbeitslosigkeit und Langzeitarbeitslosigkeit das tatsächliche Ausmaß nicht in Gänze ab.
Was sind die Ursachen von Arbeitslosigkeit?
Arbeitslosigkeit kann verschiedene Ursachen haben:
- Strukturelle Arbeitslosigkeit: Diese Form liegt vor, wenn Angebot und Nachfrage am Arbeitsmarkt in Bezug auf Merkmale wie Qualifikation, Gesundheit, Produktionsstandort nicht zusammenpassen. So beispielsweise, wenn Arbeitnehmer arbeitslos werden, die zuvor in der verarbeitenden Industrie tätig waren, diese Tätigkeit aber nicht mehr (in dem Umfang) nachgefragt wird, da die Qualifikationsanforderungen für neue Bereiche andere sind. Von struktureller Arbeitslosigkeit spricht man auch, wenn die Anforderungen an die Produktivität eines Arbeitsplatzes so hoch sind, dass Menschen mit geringerer Produktivität in die Arbeitslosigkeit gedrängt werden.
- Friktionelle Arbeitslosigkeit (Sucharbeitslosigkeit): Entsteht zwischen der Aufgabe einer alten und der Aufnahme einer neuen Tätigkeit. Diese Art von Arbeitslosigkeit ist meist von kurzer Dauer.
- Konjunkturelle Arbeitslosigkeit: Durch die gesamtwirtschaftliche Entwicklung und Nachfrageschwankungen verursachte Arbeitslosigkeit. Bei schwacher Nachfrage entlassen Betriebe Arbeitnehmer und stellen bei steigender Nachfrage wieder ein. Diese Art von Arbeitslosigkeit kann zu Massenarbeitslosigkeit führen.
- Saisonale Arbeitslosigkeit: Im Jahresverlauf bestehen aufgrund von Klimabedingungen in unterschiedlichen Wirtschaftssektoren Schwankungen in der Nachfrage (zum Beispiel Bauwirtschaft, Tourismus, Landwirtschaft). In der Regel steigt die Arbeitslosigkeit im Winter und sinkt in den Sommermonaten.
Welche individuellen Folgen kann Arbeitslosigkeit haben?
Erwerbsarbeit hat einen sehr hohen Stellenwert in unserer Gesellschaft. Erwerbsarbeit dient nicht nur der Existenzsicherung. Über Arbeit vollzieht sich in weitem Maße gesellschaftliche Integration. Insofern hat der Verlust von Erwerbsarbeit für die Betroffenen nicht nur eine materielle, sondern auch eine sozial und psychisch destabilisierende Wirkung. Mögliche Folgen insbesondere von länger andauernder Arbeitslosigkeit sind soziale Ausgrenzungserfahrungen, Stigmatisierung, familiäre Konflikte, Gefühle der Schuld und des Nicht-Gebraucht-Werdens, die Entwertung bisher erlangter Qualifikationen sowie gesundheitliche Probleme. Somit können multiple Problemlagen zusammenkommen, die wiederum hemmend wirken auf eine Reintegration in Arbeit. Arbeitslosigkeit wirkt sich aber nicht nur negativ auf die arbeitslose Person selbst aus, sondern auch auf die Familie.
Welche Hilfen zur Sicherung des Lebensunterhalt gibt es?
Im Falle von Arbeitslosigkeit kann Arbeitslosengeld in der Agentur für Arbeit (nach dem Sozialgesetzbuch III) oder Bürgergeld im Jobcenter (nach dem Sozialgesetzbuch II) beantragt werden.
Arbeitslosengeld bekommen diejenigen, die zuvor in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt haben. Arbeitslosengeld wird maximal für 12 Monate gezahlt, für Menschen ab 50 Jahren auch länger. Die Höhe des Arbeitslosengeldes beträgt 60 Prozent des zuletzt erhaltenen Nettolohnes, 67 Prozent mit Kind.
Menschen, die keinen Anspruch haben auf Arbeitslosengeld, können im Jobcenter Bürgergeld beantragen. Bürgergeld soll das Existenzminimum sichern, es wird gewährt, sofern zu wenig bzw. keine eigenen Mittel zur Verfügung stehen.
Hilfen zur Integration in Arbeit
Agenturen für Arbeit und Jobcenter unterstützen dabei, eine neue Erwerbsarbeit aufzunehmen. Dafür stehen ihnen verschiedene Instrumente und Maßnahmen zur Verfügung. Zum Beispiel Maßnahmen zur Aktivierung (wie Bewerbungstrainings), Hilfen bei der Berufswahl und Berufsausbildung, berufliche Weiterbildungen, Instrumente zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit wie Lohnkostenzuschüsse für Arbeitgebende, besondere Maßnahmen zur Teilhabe von Menschen mit Behinderung, Förderung der Selbstständigkeit oder Beschäftigung schaffende Maßnahmen (zum Beispiel Ein-Euro-Jobs). Diese Hilfen stehen auch arbeitslos gemeldeten Personen offen, die keinen Anspruch auf finanzielle Leistungen haben.
Das Arbeitslosengeld ist eine Versicherungsleistung, das Bürgergeld hingegen eine steuerfinanzierte staatliche Grundsicherung. Daher wird das Geld für die Förderung von Bürgergeldbeziehenden aus dem Haushalt des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales bereit gestellt.
Bewertung der Diakonie Deutschland
Aktive Arbeitsmarktpolitik braucht eine ausreichende und verlässliche Finanzierung für eine bedarfsgerechte und nachhaltige Förderung. Mit der Bürgergeldreform wurde ein Paradigmenwechsel versprochen: Erwerbslose sollten besser beraten, gefördert und nachhaltig in Arbeit integriert werden. Dafür reicht das Geld, dass der Bund zur Verfügung stellt aber nicht.
Besonders betroffen von der finanziellen Unterausstattung der Jobcenter sind die Förderungen, die über mehrere Jahre angelegt sind, wie beispielsweise das Instrument „Teilhabe am Arbeitsmarkt“ nach § 16i SGB II mit dem verfestigte Langzeitarbeitslosigkeit bekämpft werden soll. Sie werden immer weniger genutzt.
Ab 2025 sollen die Jobcenter weiter massiv (900 Millionen) Mittel einsparen. Dafür soll die Weiterbildungsberatung und -förderung von Bürgergeldbeziehenden nicht mehr von den Jobcentern gemacht werden, sondern von den Agenturen für Arbeit, finanziert mit Geldern der Arbeitslosenversicherung. Das ist eine Reform, die nichts mit fachlichen Beweggründen zu tun hat, sondern nur mit Einsparvorgaben des Finanzministeriums.
Investiert werden sollte stattdessen in die Beratungsqualität in den Jobcentern. Aus unserer Praxis wissen wir, dass eine qualifizierte lebenslagenorientierte Einzelfallberatung das a und o ist, um Veränderungsprozesse anzustoßen.
Es braucht deutlich mehr Mittel und Finanzierungssicherheit für die Förderung von „Teilhabe an Arbeit“ nach § 16i SGB II. Die Jobcenter brauchen dieses Förderinstrument für die Zielgruppe der Langzeiterwerbslosen. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung zeigt umfassend den Nutzen und die Wirkung dieser Förderung. Das muss die Bundesregierung ernst nehmen indem sie das Instrument weiterentwickelt und deutlich mehr Geld im Bundeshaushalt zur Verfügung stellt.
Mehr investiert werden sollte in Angebote der Nachqualifizierung von geringqualifizierten Bürgergeldbeziehenden. Hier braucht es mehr Angebote, die Arbeiten und Lernen mit einander verknüpfen und prinzipiell bis zum Berufsabschluss führen können.
Redaktion: Diakonie/Elena Weber