Illustration Migranten und Geflüchtete
© Diakonie/Francesco Ciccolella

Kinderarmut

Kinderarmut ist in Deutschland Alltag. Wie inkonsistente Leistungen das Problem verstärken und warum wir jetzt eine einheitliche Kindergrundsicherung brauchen.

Kinderarmut bekämpfen: Nachhaltige Lösungen für eine gerechte Zukunft

In Deutschland leben rund 2,9 Millionen Kinder und Jugendliche von staatlichen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Die Ursachen von Kinderarmut sind vielfältig und führen zu erheblichen Benachteiligungen:

Kinderarmut stellt ein Entwicklungsrisiko dar und verhindert, dass Kinder ihre Potenziale entfalten können. Kinder in Armut haben in der Regel einen schlechteren Zugang zu Bildung und Freizeitaktivitäten. Sie haben häufiger gesundheitliche Probleme und leben oft in beengten Wohnverhältnissen.

Für uns als Gesellschaft, die gerechte Lebensbedingungen schaffen will, muss es oberstes Ziel sein, dass alle Kinder Zugang zu guter Bildung, Teilhabe und Gesundheit haben. Zudem gibt es wirtschaftliche Gründe: Eine bessere materielle Absicherung ermöglicht Kindern die volle Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und verbessert ihre späteren Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Wer bei den Kindern spart, zahlt später drauf.

Das Problem: Das Steuersystem und die Familien- und Sozialpolitik verstärken soziale Ungleichheiten

Derzeit sind die Regelungen in der Steuer-, Familien- und Sozialpolitik kompliziert und ungerecht. Kinder in Armut erhalten weniger Unterstützung als Familien mit hohem Einkommen. Je nach Erwerbssituation der Eltern erhalten Kinder derzeit sehr ungleiche finanzielle Unterstützung: Kinder von Erwerbslosen oder Geringverdienern erhalten Regelleistungen im Bürgergeld von 357 bis 471 Euro pro Monat. Kindergeld erhalten diese Familien nicht, da es mit dem Regelsatz verrechnet wird. Kinder von Erwerbstätigen mit niedrigem und mittlerem Einkommen erhalten Kindergeld in Höhe von 250 Euro. Gut- und Spitzenverdienende profitieren hingegen von den steuerlichen Kinderfreibeträgen, die bis zu 368 Euro monatlich entlasten, also etwa 118 Euro höher liegen als das Kindergeld.

Hinzu kommt: Viele Familien nehmen ihnen zustehende Leistungen nicht in Anspruch, weil sie sie nicht kennen oder die Beantragung zu kompliziert ist.

Unsere Forderungen zur Bekämpfung der Kinderarmut

  1. Einheitliche Kindergrundsicherung: Die Vielzahl der unübersichtlichen Familienleistungen soll in einer Leistung gebündelt werden. Die Kindergrundsicherung beträgt nach dem Modell des Bündnisses Kindergrundsicherung 776 Euro monatlich. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus dem sächlichen Existenzminimum (532 Euro), das die materiellen Grundbedürfnisse sichern soll, und einem Betrag für Betreuung und Erziehung (244 Euro), der im jährlichen Existenzminimumbericht der Bundesregierung ermittelt wird. Dieser Betrag soll allen Kindern zustehen und regelmäßig an die Inflationsrate angepasst werden. Familien mit ausreichendem Einkommen erhalten eine geringere Leistung; mindestens jedoch den bisherigen steuerlichen Entlastungsbetrag von 368 Euro.
  2. Gute Infrastruktur für alle Familien: Auf kommunaler Ebene muss eine bedarfsgerechte Bildungsinfrastruktur, wie Kindertageseinrichtungen, Ganztagsschulen und kostengünstige Freizeitangebote für Kinder, Jugendliche und ihre Familien sichergestellt werden. Dafür ist eine verlässliche und auskömmliche Finanzierung der Einrichtungen unabdingbar.

Die aktuelle Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag die Bekämpfung der Kinderarmut und die Einführung einer Kindergrundsicherung zum wichtigsten sozialpolitischen Ziel erklärt. Infrastrukturelle und monetäre Leistungen ergänzen sich bei der Beseitigung von Kinderarmut und dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Wir erwarten, dass die Bundesregierung ihre Ankündigung wahr macht und Kinder endlich besser vor einem Aufwachsen in Armut schützt.

Die Diakonie ist Mitglied im Bündnis Kindergrundsicherung.

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